Nena Weishaupt ist als Hebamme und TCM-Ernährungsexpertin in der Hebammenpraxis Seelenliebe in Burgau (D) tätig. Wir haben uns über die Mamita Kraftsuppen kennengelernt, da uns das gemeinsame Thema der TCM-Ernährung in Schwangerschaft und Wochenbett besonders verbindet. In diesem Interview beantwortet Nena meine Fragen zum Wochenbett aus Sicht einer Hebamme.
In welchen Belangen unterstützt du als Hebamme Mütter nach der Geburt?
Wir Hebammen besuchen die frisch gebackenen Familien im häuslichen Wochenbett zu Hause. Dort kontrollieren wir bestimmte körperliche Veränderungen bei Mutter und Kind, wie z. B. die Rückbildung der Gebärmutter, die Brust, Geburtsverletzungen oder das Gewicht des Neugeborenen und die Wundheilung des Nabels. Jedoch stehen wir auch auf emotionaler und psychischer Ebene den Frauen bei, da die Hormone nach der Geburt gerne eine Achterbahnfahrt machen.
Das Wochenbett ist eine intensive Zeit voller Veränderungen für die Jungmama. Was passiert da alles auf körperlicher und psychischer Ebene?
Auf körperlicher Ebene muss der Organismus der Frau sich nun auf Wochenbett/Stillen, sofern es der Wunsch der Mutter entspricht, umstellen. D.h. konkret: Die Gebärmutter muss zurück an ihren ursprünglichen Platz und auch ihre ursprüngliche Größe wieder erlangen. Die Haftstelle des Mutterkuchens muss heilen (Wochenfluss), mögliche Wassereinlagerungen werden rausgeschwitzt, die gedehnte Haut regeneriert sich langsam, die Hormone stellen sich um auf das Stillen, demnach verändert sich auch die Brust, die Bauchmuskulatur muss wieder trainiert werden usw. …
Auf psychischer Ebene sehen viele, aber nicht alle frischgebackenen Mamis alles durch die rosarote Brille. Der Wechsel der Gefühle zwischen „man könnte die Welt umarmen“ zu „wie soll ich das alles schaffen“ schlauchen doch die eine oder andere Wöchnerin mehr oder weniger. Zudem kommen teilweise noch Schmerzen von der Geburt oder vom Stillen dazu, die unzähligen schlaflosen Nächte, der Spagat zwischen großem Geschwisterkind, Ehemann/Ehefrau, Haushalt und Neugeborenen.
Wie gestaltet sich das ideale Wochenbett aus Hebammensicht?
Das ideale Wochenbett aus Hebammensicht wäre ein voller Kühlschrank durch Omas/Opas etc., täglich mind. drei gekochte Mahlzeiten durch „Externe“, inklusive Kraftsuppe täglich oder jeden zweiten Tag. Haushalt und Wäsche werden ebenfalls von Angehörigen übernommen und die Bespaßung von großen Geschwisterkindern durch Familie. Viel Ruhe und Schlaf, Kuschelzeiten mit dem Baby, Geschwistern und Partner*in. Spaziergänge an der Sonne, Seele baumeln lassen. ;-)
Wie sieht deiner Erfahrung nach die Realität aus? Wie erlebst du die Frauen, die du betreust?
Leider tragen viele oder nahezu die Mehrheit der Frauen zu wenig Ruhe in sich und sind viel zu früh wieder auf den Beinen, teilweise weil es nicht anders geht, da Verwandte gar nicht in der Nähe wohnen und die Unterstützung fehlt, oder auch, weil viele (selbstständige) Papas schnell wieder arbeiten müssen.
Warum ist es so wichtig, in den ersten Wochen nach der Geburt kürzer zu treten und sich auszuruhen?
Kürzer zu treten ist deshalb wichtig, damit die vorher beschriebenen Vorgänge sowohl auf körperlicher als auch psychischer Ebene vom mütterlichen Organismus geleistet werden können. Oftmals zahlt man die Rechnung erst sehr viel später (Beckenbodenbeschwerden etc.). Aber auch den Neugeborenen tut es nicht gut, wenn sie in der dritten Lebenswoche mit auf den Plärrer genommen werden. Ich vergleiche es immer wieder mit unserer Quarantäne während Corona. Das erste Konzert danach war auch für uns reizüberflutend.
Welche Konsequenzen kann es haben, wenn frau zu schnell wieder in den Alltag mit all seinen Aufgaben zurückkehrt?
Wie oben beschrieben, führt mangelnde Ruhe im Wochenbett oftmals zu körperlichen Problemen, wie z.B. Beckenbodenproblemen, sprich Rückenbeschwerden, Verdauungsbeschwerden, Inkontinenz, Senkungen. Aber auch schon kurzweilig kann es zu Problemen beim Stillen kommen (weniger Milch, Milchstau/Mastitis…), wenn die Wöchnerin zu viel Stress hat.
Und auch auf emotionaler Ebene ist das Nervenkostüm natürlich immer nur so gut, wie viel Ruhe der Körper eben auch bekommt.
Welche Ratschläge gibst du Frauen in puncto Vorbereitungen fürs Wochenbett mit?
Bezüglich Vorbereitung für das Wochenbett kommt es natürlich immer darauf an, wie viel Verwandtschaft man um sich hat. Es ist immer empfehlenswert, Essensvorräte (Mealprep, Kraftsuppen…) zu Hause zu haben, sich für die Zeit eine Haushaltshilfe zu organisieren, wenn es der Geldbeutel erlaubt, sodass die Wöchnerin erst gar nicht auf die Idee kommt, schwere Wäschekörbe zu tragen. Kleine Utensilien wie Brustwarzencreme, Binden, Quark, Windeln, Wundschutzcreme etc. bereits zu Hause zu haben. Und Babysitter für die größeren Kinder bereit zu halten.
Welche Rolle spielt die Ernährung aus deiner Sicht im Wochenbett?
Ernährung spielt für mich eine sehr große Rolle. Der Körper der Wöchnerin wird sich nur so schnell und gut regenerieren können, Milch bilden können, strapazierfähige Nerven entwickeln können, zur Ruhe kommen können etc. so gut wie sie eben selbst auch genährt ist. Ich habe es selbst am eigenen Leib erfahren dürfen. Als ich meinen ersten Sohn geboren hatte, war Ernährung für mich noch nicht so wichtig. Folglich hatte ich mit stärkerem Haarausfall, Knieschmerzen und häufig mit Müdigkeit zu kämpfen. Bei der Geburt meines zweiten Sohnes hatte ich bereits die Ausbildung zur TCM-Ernährungsexpertin durchlaufen und hatte definitiv weniger Beschwerden und eine sehr viel reichhaltigere Muttermilch.
Wie kann man eine Jungmama bzw. eine junge Familie am besten im Wochenbett unterstützen?
Ich denke genau mit den Dingen, die wir oben angesprochen hatten: Gutes Essen, Haushaltshilfe, emotionaler Beistand statt hundert gute Ratschläge, wie man es früher oder selbst gemacht hat. Eine liebevolle Umsorgung durch Partner, Familie und Freunde.