Der Spracherwerb meiner Tochter war für mich als Logopädin von Anfang an eine besonders spannende Entwicklung. Auch Karin Ingolitsch-Aigner, Gründerin von KARINGO, tauchte nach der Geburt ihrer Tochter in dieses Thema ein und war dann so begeistert von den Kommunikationsmöglichkeiten mit unseren Kleinsten, dass sie sich zur Trainerin ausbilden ließ. Karin ist Expertin für Dunstan Babylaute und die Zwergensprache und bietet Workshops / Kurse für Eltern und Institutionen an - sowohl in Graz als auch online. In diesem Interview beantwortet sie meine Fragen rund um die Dunstan Babysprache.
Kannst du kurz erklären, was die Dunstan Babylaute sind und wie sie entdeckt wurden?
Priscilla Dunstan (geboren in Australien) hat bei ihrem Baby entdeckt, dass es aufgrund von körperlichen Reflexen unterschiedliche Laute von sich gibt. Anhand der Aufzeichnungen in ihrem Baby-Tagebuch konnte sie fünf verschiedene Laute eindeutig seinen Befindlichkeiten zuordnen. Als sie dann außer Haus auf andere Babys getroffen ist, beobachtete sie, dass diese die ganz gleichen Laute wie ihr Sohn äußerten. Priscilla erzählte davon ihrem Vater, der an einer Universität für kindliche Entwicklung einen Lehrstuhl innehatte. Sie baten Bekannte, die nach Übersee auf Reisen waren, Babys aufzunehmen - so begannen die ersten Forschungen.
Welche spezifischen Laute gehören zu den Dunstan Babylauten und was bedeuten sie?
Sechs Laute sind zurzeit weltweit erforscht: Hunger, Müdigkeit, Aufstoßen müssen, Bauchweh/Harndrang bzw. Stuhlgang, Unwohlsein und der letzte, der erforscht worden ist, ist der Zahnungslaut.
Wie können Eltern und Betreuungspersonen die Dunstan Babylaute erlernen und anwenden?
Ich gebe einmal im Monat einen Workshop bzw. kann mit mir immer ein individueller Termin vereinbart werden. Das ist natürlich auch online möglich.
Welche Vorteile haben Eltern, die die Dunstan Babylaute verstehen und verwenden?
Die Eltern erkennen genau, was ihr Baby wirklich braucht. Sie müssen nicht ausprobieren, was das Baby meint. Sie verstehen ihr Kind nach dem Workshop auf Anhieb. Es lässt sich daher sofort beruhigen, weil ja adäquat auf das Bedürfnis eingegangen wurde. Die Eltern sind weniger gestresst und das Baby weint weniger.
Zum Beispiel möchte das Baby aufstoßen. Viele Eltern vermuten in dieser Situation, dass sich ihr Baby meldet, weil es gestillt werden will. Die Eltern geben dem Baby also Milch, doch es trinkt nicht viel, weil es ja eigentlich aufstoßen möchte. Das verunsichert die Eltern und das Stillen funktioniert nicht so gut. Wenn das Baby Milch trinkt, gelangt weitere Luft in den Babybauch hinein, die eigentlich aus dem Baby raus sollte. Das kann zu Bauchweh führen und das Baby weint noch mehr. Tatsächlich hat das Baby mit dem Aufstoßlaut ja kommuniziert, dass es Unterstützung braucht, damit die Luft aus dem Körper entweichen kann.
Zweites Beispiel: Das Baby kommuniziert eindeutig den Hungerlaut. Die Eltern verstehen und es wird angelegt oder bekommt das Fläschchen. Es trinkt sehr gut und viel, weil es hungrig ist. Das macht das Baby müde und richtig satt. Dann kann es viel länger schlafen und auch die Eltern können sich länger ausruhen.
Noch ein Beispiel: Das Kind ist müde und gibt eindeutig den Laut für Müdigkeit von sich. Verstehen die Eltern sein Bedürfnis nach Schlaf, können sie es sofort niederlegen. Es braucht dann nur noch eine kurze Einschlafhilfe und schläft schnell ein. Missdeuten die Eltern aber die Äußerung ihres Babys z.B. als Aufforderung zum Spielen, bespaßen und animieren sie das Kind noch weiter. Dadurch wird es immer gereizter, ist zunehmend überdreht und schreit nur mehr vor sich hin.
Kannst du Beispiele von Eltern oder Betreuungspersonen teilen, die positive Erfahrungen mit den Dunstan Babylauten gemacht haben?
Jaaaaa. Ich bekomme immer die schönsten Feedbacks von meinem Workshop-Publikum. Die Feedbacks poste ich regelmäßig auf Instagram.
Gibt es kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung und Interpretation der Dunstan Babylaute?
Nein. Die Laute sind auf der ganzen Welt gleich. Wir haben Studien von mindestens tausend Babys in dreißig unterschiedlichen Ländern vorliegen. Die Laute entstehen durch einen körperlichen Reflex, sie sind also kulturunabhängig.
Wie bist du persönlich auf die Dunstan Babylaute aufmerksam geworden und was hat dich dazu motiviert, dich damit zu beschäftigen?
Meine liebe Arbeitskollegin Katharina Mauko hat mich zu einem Babylaute-Workshop eingeladen, weil sie selbst so fasziniert war. Ihre Begeisterung hat mich angesteckt. Als ich die Videos der Babys zum ersten Mal gesehen habe, war ich hin und weg!!!! Ich hätte dieses Wissen schon sehr gerne bei unserer Tochter anwenden wollen. Für mich war klar, ich möchte anderen Eltern die Anfangszeit mit ihrem Baby erleichtern.
Ab welchem Zeitpunkt kommunizieren Babys über diese speziellen Laute?
Die Laute können ab der Geburt gehört werden. Die Reflexe halten ungefähr bis zum vierten Lebensmonat an. Danach verschwinden sie, falls nicht adäquat darauf reagiert wurde.