Michaela Girstmaier von herzensweg:DOULA hat es sich zur Aufgabe gemacht, Frauen in ihrer Kraft und ihrem Vertrauen zu stärken und ihnen auf ihrem Weg zu einer selbstbestimmten und kraftvollen Geburt zur Seite zu stehen. Zu ihrem Angebot gehören auch Schwangerschaftsyogakurse, Kinderyoga und Geschwisterworkshops für große Schwestern und Brüder, um sie gut auf ihre neue Rolle vorzubereiten. In diesem Interview beantwortet Michaela meine Fragen rund um den häufig noch unbekannten Beruf der Doula.
Was genau ist eine "Doula" und welche Art von Unterstützung bietet sie Schwangeren und werdenden Eltern?
Eine Doula ist eine ausgebildete, nicht-medizinische Begleiterin, die werdende Eltern während der Schwangerschaft, der Geburt und im Wochenbett auf mentaler und emotionaler Ebene unterstützt. Sie ergänzt die medizinische Betreuung durch Hebammen und GynäkologenInnen, indem sie eine kontinuierliche, beruhigende Präsenz bietet, die den Eltern hilft, sich sicher, gesehen und gut unterstützt durch alle Prozesse hinweg zu fühlen.
Während der Schwangerschaft hilft die Doula, Ängste und Sorgen zu klären, bietet emotionale Unterstützung und hilft den Eltern, sich individuell auf die Geburt vorzubereiten. Unter der Geburt sorgt sie für eine konstante Begleitung, gibt praktische Hilfestellungen und mentale Unterstützung, um den Geburtsprozess für die Mutter zu erleichtern. Auch im Wochenbett ist sie eine wertvolle Stütze, indem sie Eltern unter die Arme greift, sich in der neuen Familiendynamik zurechtzufinden und ihre Bedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren. Ihre Rolle ist es, den Eltern bei allen Fragen und Anliegen beizustehen und sie auf ihrer Reise mit Empathie und Erfahrung zu begleiten.
Wie unterscheidet sich die Betreuung einer Doula von der einer Hebamme?
Die wesentlichen Unterschiede liegen in den Bereichen der Ausbildung, der Aufgabenbereiche und dem Fokus ihrer Unterstützung.
Hebammen absolvieren eine fundierte, dreijährige medizinische Ausbildung an einer Fachhochschule und sind die Expertinnen für eine physiologische Geburt. Sie bieten medizinische Betreuung während der Schwangerschaft, der Geburt und im Wochenbett, überwachen die Gesundheit der Mutter und des Babys, führen Untersuchungen durch und kümmern sich um alle geburtshilflichen Aspekte. Zudem unterstützen sie bei der Geburtsvorbereitung, beim Stillen sowie der Ernährung und bieten eine wertvolle Nachsorge, bei der sie die Heilung der Mutter und die Entwicklung des Babys genau im Blick behalten.
Eine Doula ist eine nicht-medizinische Begleiterin, die vor, während und nach der Geburt emotionale, physische und praktische Unterstützung bietet. Sie hilft dabei, das „Dorf“ zu ersetzen, das viele Familien heutzutage nicht mehr haben. Während der Schwangerschaft unterstützt sie die werdende Mutter dabei, sich wohl zu fühlen, sich individuell auf die Geburt vorzubereiten und gibt den Eltern bei alltäglichen Fragen mit einem offenen Ohr, vielen professionellen Kontaktmöglichkeiten und Erfahrung, Sicherheit und das Gefühl, mit all den Themen nicht alleine zu sein. Unter der Geburt ist sie dauerhaft anwesend,egal ob zu Hause oder in der Klinik und stellt damit einen wertvolle Vertrauensperson dar. Doulas führen jedoch keine medizinischen Aufgaben aus!
Trotz dieser Unterschiede ergänzen sich die Aufgabenbereiche von Hebammen und Doulas wunderbar. Gemeinsam bieten sie der Mutter eine umfassende Unterstützung, die sowohl die medizinische Expertise als auch die emotionale und praktische Begleitung umfasst.
Wie können Frauen von der Anwesenheit einer Doula während der Geburt profitieren?
Wenn die Geburt beginnt, ist die Doula zum gewünschten Zeitpunkt an der Seite der Gebärenden – häufig schon vor der Fahrt ins Krankenhaus. Sie unterstützt die Mutter mit praktischen und mentalen Techniken, die ihr helfen, die Wehenarbeit besser zu bewältigen und in ihrer eigenen Kraft zu bleiben. Dabei geht es nicht nur um körperliche Hilfe, sondern auch um die emotionale Begleitung, die der Mutter ermöglicht, Vertrauen in ihren Körper und den Geburtsprozess zu entwickeln.
Darüber hinaus bietet die Doula dem werdenden Vater wertvolle Orientierung und Unterstützung, damit er seine Rolle als Geburtsbegleiter mit Selbstvertrauen und Fürsorge ausfüllen kann.
Zusammengefasst ist das Ziel einer Doula, die Gebärende sowohl in ihrer Kraft, Sicherheit, ihrem Selbstbewusstsein und Vertrauen zu stärken als auch den Partner so zu begleiten, dass er sich als hilfreichen und unterstützenden Teil des Prozesses sowie als „Fels in der Brandung“ für seine Partnerin wahrnimmt. Die Doula sorgt für eine beruhigende, unterstützende Präsenz, die es beiden ermöglicht, den Geburtsprozess selbstbewusst und mit Zuversicht zu erleben.
Wie kann eine Doula auch nach der Geburt Unterstützung bieten?
Die Bedürfnisse von Familien und die Dienstleistungen von Doulas können sehr vielfältig sein, und jede Familie ist einzigartig. Im Wochenbett geht es grundsätzlich darum, die Familie darin zu unterstützen, sich im Alltag mit dem Baby zurechtzufinden, die Herausforderungen zu meistern und die Eltern so gut wie möglich zu entlasten. Ich verstehe meine Rolle darin, den Eltern all das abzunehmen, was sie daran hindert, sich in ihre neue Familiendynamik einzufinden und den „Neumensch“ kennenzulernen – zu spüren, was er oder sie braucht und wie man als Elternteil darauf reagieren kann.
Gleichzeitig möchte ich den Müttern in dieser besonders sensiblen Phase eine umfassende Unterstützung bieten – sowohl praktisch, mental als auch emotional. In dieser Zeit, in der die eigenen Bedürfnisse oft hinten anstehen und leider auch manchmal vergessen werden, sehe ich es als meine Aufgabe, Entlastung und Hilfestellung anzubieten - sei es im Haushalt, mit dem großen Geschwisterchen, dem Hund, den Bedürfnissen des Babys, der Verpflegung aller Familienmitglieder oder der Unterstützung im Alltag.
Wie findet man denn eine qualifizierte Doula und worauf sollte man bei der Auswahl achten?
Die Frage, wie man eine qualifizierte Doula findet, ist nicht ganz einfach zu beantworten, da es viele verschiedene Ausbildungsprogramme gibt, deren Inhalte und Umfang ich nicht alle im Detail kenne. Es gibt durchaus Online-Kurse, die eine Ausbildung zur Doula anbieten, aber wenn es um eine fundierte Ausbildung in Österreich geht, kann ich das Doula-Training des Vereins Doulas in Austria definitiv empfehlen, da diese Ausbildung auf hohe Standards und eine wertschätzende Vernetzung zu den örtlichen Krankenhäusern setzt.
Wenn es darum geht, die richtige Doula zu wählen, würde ich immer empfehlen, zuerst ein ausführliches Erstgespräch zu führen. In diesem Gespräch kann man all seine Fragen stellen und ein Gefühl dafür bekommen, wie die Doula arbeitet, welche Unterstützung sie bieten kann und ob sie einem selbst und dem Partner als kompetent und passend erscheint. Es ist wichtig, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und ruhig auch mal eine etwas „kniffligere“ Frage zu stellen, um sicherzugehen, dass die Chemie stimmt, die Doula wirklich zu einem passt und Erfahrung sowie Fachwissen mitbringt.
Gibt es bestimmte Situationen oder Umstände, in denen eine Doula besonders hilfreich sein kann?
Ich bin fest davon überzeugt, dass besonders Erstgebärende unter der Geburt enorm von einer kontinuierlichen, geburtserfahrenen Vertrauensperson an ihrer Seite profitiert. Wenn man die Geburtssituation mit einem neuen Job vergleicht, so weiß man in beiden Fällen nicht wirklich, was auf einen zukommt. Der Stress und die Unsicherheit, die damit verbunden sind, können überwältigend sein. In solch einer Situation eine Vertrauensperson an seiner Seite zu wissen, die einen durch den Prozess begleitet, schafft die nötige Sicherheit, um sich voll und ganz darauf einlassen zu können.
Leider ist es den Hebammen, insbesondere in den Krankenhäusern, oft nicht möglich, ein solches Vertrauen vor der Geburt aufzubauen, da sie meist mehrere Geburten gleichzeitig betreuen und mehr medizinische Aufgaben zu erfüllen haben. Eine Doula hingegen kann durch ihre ständige Präsenz und ihre individuelle Betreuung bereits während der Schwangerschaft das notwendige Vertrauen und die Sicherheit aufbauen, um unter der Geburt jene Unterstützung bieten zu können, die für viele werdende Eltern so wichtig ist. Dies gilt natürlich nicht nur für Erstgebärende, sondern für alle Mamas und Papas, die sich genau davon mehr wünschen!
Was sind die Vorteile einer Doula-Unterstützung für den Partner oder die Partnerin der Jungmama?
Eine Doula bietet dem werdenden Vater eine wertvolle Unterstützung in vielen Aspekten der Geburtserfahrung. Sie sorgt dafür, dass der werdende Vater sich sicher, kompetent und emotional unterstützt fühlt, was ihm ermöglicht, aktiv und selbstbewusst in den Geburtsprozess eingebunden zu sein. Diese umfassende Unterstützung kommt sowohl ihm als auch der Mutter zugute, da sie ihm hilft, sich in seiner Rolle während der Geburt wohl und vorbereitet zu fühlen.
Darüber hinaus unterstützt die Doula den Partner bei der Kommunikation mit dem medizinischen Team und sorgt dafür, dass die Wünsche der Eltern gehört und respektiert werden. Nach der Geburt hilft sie dem Vater dabei, sich in seiner neuen Rolle als Elternteil zurechtzufinden und unterstützt den ersten Körperkontakt und die erste Bindung zum Neugeborenen.
Welche Kosten sind mit der Inanspruchnahme einer Doula verbunden? Gibt es Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung dafür zu erhalten?
Die Kosten für die Inanspruchnahme einer Doula können in Österreich je nach Doula, Region und den angebotenen Leistungen variieren. In der Regel bewegen sich die Preise für eine Doula-Begleitung zwischen 500 und 2000 Euro für die gesamte Geburt, die vorangehende Rufbereitschaft sowie die Begleitung durch die gesamte Schwangerschaft. Manche Doulas bieten auch Pakete an, die zusätzliche Leistungen beinhalten.
Es ist ratsam, die Kosten im Vorfeld direkt mit der jeweiligen Doula zu besprechen und mögliche Finanzierungsmöglichkeiten zu klären. Ich lege großen Wert darauf, den Eltern individuelle Lösungen anzubieten und flexible Vereinbarungen zu treffen. Wenn eine Familie den Wunsch äußert, mit mir zusammenzuarbeiten, habe ich bisher immer eine faire und für alle Seiten angemessene Lösung gefunden.
Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung zu erhalten:
1. Kostenerstattung durch die Krankenkasse: In Österreich übernehmen gesetzliche Krankenkassen (z.B. die Österreichische Gesundheitskasse – ÖGK) in der Regel keine Kosten für die Doula-Begleitung, da Doulas keine medizinische Ausbildung haben. Es ist jedoch ratsam, bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen, ob es Förderungen oder Zuschüsse gibt, insbesondere für alternative geburtshilfliche Dienstleistungen.
2. Private Zusatzversicherungen: Wenn du eine private Zusatzversicherung hast, kann es sein, dass diese Teile der Kosten für eine Doula übernimmt, vor allem, wenn die Doula auch Zusatzleistungen wie etwa Stillberatung oder psychologische Unterstützung bietet. Auch hier lohnt es sich, die eigenen Versicherungsbedingungen genau zu überprüfen.
3. Regionale Förderungen und Zuschüsse: In einigen Bundesländern oder durch bestimmte Initiativen können Zuschüsse oder Förderprogramme für eine Doula-Begleitung angeboten werden, insbesondere wenn es sich um eine nicht-medizinische Geburtshilfe handelt oder um besondere soziale Härtefälle. Es gibt auch spezielle Organisationen, die sich dafür einsetzen, Familien in bestimmten Lebenssituationen zu unterstützen, dazu gehören insbesondere die Frühen Hilfen.